Wenn Kinder auf dem heimischen Platz kicken und sich trotzdem niemand bereit erklärt, einen Spielabbruch zu provozieren, muss man eben ausweichen. In diesem Fall in die Halle. Oder auf neudeutsch: In die Indoor Soccer Arena „Hall of Soccer“ in Leinfelden.
Hallenfußball. Da kommen schöne Erinnerungen hoch. In den neunziger Jahren gab es noch eine echte Winterpause. Um die lange Zeit zwischen dem Ende der Vorrunde und dem Beginn der Rückrunde zu überbrücken, wurde der Hallenfußball salonfähig gemacht. Mal eben nach Dubai flog noch niemand. Neben zahlreichen eintägigen Veranstaltungen gab es auch hochkarätige, mehrtägige Turniere wie das regelmäßige Hallenmasters in der Hanns Martin Slayer-Halle. Abgesehen vom hübsch anzuschauenden, technisch anspruchsvollen Gekicke war jedes Jahr ein Highlight die Lasershow zu John Miles „Music was my first love“. Hartgesottene Jungs aus dem A-Block schmolzen dahin. Eine ideale Veranstaltung, um sich nach den Feiertagen wieder ganz gemächlich auf die Rückrunde einzustimmen. Man trank Bier, schaute den VfB und Mannschaften, die man sonst nicht zu Gesicht bekam, tauschte mit anderen Fans Einschätzungen zur Rückrunde aus und freute sich, dass bald wieder richtiger Fußball beginnen möge.
Das Ganze endete abrupt, als der DFB 1998 mit der Reform des Hallenfußballs einen ernsthaften Wettbewerb, den DFB-Hallenpokal, etablieren wollte. Die Folge waren die verpflichtende Teilnahme aller Profiklubs, Qualifikationsturniere und extrem langweilige Finalturniere. Kein Budenzauber mehr, sondern taktisch geprägte Spiele, die niemand mehr sehen wollte. Anfang der Nuller-Jahre war der Wettbewerb am Ende und mit ihm der Hallenfußball in Deutschland.
Wie man ernsthaften, ergebnisorientierten Fußball und Budenzauber unter einen Hut bekommen kann, zeigten die elf Kelschs und Gast Sebastian gestern Abend. (Oder so ähnlich. Eine Überleitung jedenfalls, die Gerhard Delling auch nicht besser hinbekommen hätte.)
Orange hatte den Hallenfußball schneller begriffen und führte in schöner Regelmäßigkeit mit einem Tor Vorsprung. Jedes Mal, wenn sich Bunt herangekämpft und den Ausgleich erzielt hatte, ging Orange postwendend wieder in Führung. Das ging wohl bis zum 5:5 so.
Der Berichterstatter hat es dagegen mit dem aktiven Fußball unterm Dach überhaupt nicht. Mehrere Tore ins kurze Eck sowie ein von Tobi H. abgegebener Kullerball von der Mittellinie, der trotzdem ins Tor ging, sind Beleg genug dafür. Wenn eine Bande neben dem Pfosten ist, fehlt einem komplett die Orientierung, wo genau man eigentlich im Tor steht. Verschärfend kam hinzu, dass immer weiter gespielt wurde, auch wenn der Ball im Netz über der Bande an den Seitenauslinien, der Decke oder gar den Torauslinien landete. Persönlich wäre ich der Meinung gewesen, dass der Ball bei Netzberührung eingerollt werden sollte. So allerdings entwickelte sich ein schnelles, wildes Spiel. Budenzauber eben.
Was erstaunte, war die Intensität mit der wir zu Werke gingen. Ralf setzte seinen Körper gewohnt wirkungsvoll ein (und schoss aus allen Lagen), Albrecht fischte den Ball etwa zehnmal in Hüfthöhe aus dem Netz und Gast Sebastian musste an der Bande ordentlich einstecken, zögerte aber auch nicht, dagegen zu halten.
Nachdem Bunt etwa zur Hälfte des Spiels umstellte und mit Niki und Manu (oder zumindest einem von beiden) die Abwehr stabilisierte, war man weniger anfällig. Orange verteidigte dagegen zusehends undisziplinierter und langsamer. Die Bunten konnte die Führung auf bis zu fünf Tore ausbauen und nur durch eigene Nachlässigkeiten wurde das Spiel zum Ende hin noch einmal ein wenig spannend. Nach 60 intensiven Minuten war Schluss und wie Andreas Herzog schon sagte:
Hinterher gab es Burgers, Beers & UEFA Champions League(TM) powered by GAZPROM auf einer Großleinwand und acht Screens. Was man eben von einer Indoor Soccer Arena erwarten darf. Sehr überrascht haben mich jedoch die interaktiven Bildschirme, auf denen man durch bloße Handbewegung in das Spiel eingreifen kann. Hier beispielsweise sieht man Tantieme, der Messi anweist, sich nach seinem Lauf in den Strafraum um 180° zu drehen und den Ball auf Suárez zu flanken, um so das wertvolle Auswärtstor für Barca im Theatre of Dreams zu erzielen:
Alle Photocredits gehen an diesen filigranen Fußballer:
Und noch ein paar seiner Schnappschüsse vor dem Anpfiff:
Bunt 13:10 Orange
Bunt: Albrecht, Manu, Marcus M., Niki, Ralf, Roman
Orange: Bernd, Igor, Meister, Tantieme, Tobi H., Gast Sebastian
Man of the Match: Techniker in der Halle vor, also Igor oder Manu. Ich sage Manu. Alleine die Szene, in der er den schnellen Pass des Torhüters per Hacke auf Roman (oder Niki?) weiterleitete, der zu einem vorentscheidenden Tor traf, rechtfertigt die Nominierung (insbesondere dann, wenn man weiß, dass Manu bei der Ballberührung wohl in der gegnerischen Hälfte stand *hüstel*). Oder der Doppelpass in der eigenen Hälfte mit sich selbst über die Bande, den er nach einem anschließenden Solo zu einem herrlichen Tor veredelte.
Nächstes Jahr die Kelschs im Glaspalast, Sindelfingen?
Marcus, es ist so dunkel hier – kann es sein, dass Dein Licht unter dem Scheffel steht?
Wenn wir besagten Kullerball mal außenb vor lassen, gab’s da schon ein bisschen was zu halten. Was zunächst Du und zum Ende hin Roman (unter Einsatz seines Lebens – ein Blutbad am Ellbogen!) auch ziemlich gut getan habt.
Und natürlich: sehr schöner Bericht!